„Wir stiegen vom Mytikas hinab. Zeus hatte uns einen sonnigen Tag ohne Wolken beschert. In der Ferne sahen wir das Plateau der Musen, doch der Tag war zu fortgeschritten, um auch dort hinzuwandern. In einer Berghütte trafen wir einen Wanderer aus Österreich, der uns vom Ort Thermopylas erzählte, ein Ort, den wir auf dem Weg zurück in die Hauptstadt besuchen können.

Zu Füßen des Oeta-Gebirges und des Sinus Maliancus, steuerten wir einen freien Campingplatz an, welcher im Engpass zwischen Bergen und Küste lag. Der sandige, trockene und extrem harte Untergrund wurde hin und wieder von kleinen Bäumen und Büschen aufgebrochen. Wir fuhren mit dem Auto einige Runden über das große Camping-Areal. Es war kein weiterer Besucher hier, was die Wahl des Platzes, an dem wir unser Zelt aufzuschlagen, nicht einfacher machte…

Der Name des Ortes Thermopylen verweist auf die heißen Pforten und bezieht sich auf die ortstypischen, schwefelhaltigen Quellen. Anlässlich der gesundheitsfördernden Wirkung des Wassers entstand hier eine Kuranlage. Hier wurden künstliche Becken sowie ein Wasserfall angelegt. Ein harter Eingriff mit Beton-Architektur in die Landschaft, welcher seine besten Jahre bereits hinter sich hat. Das schwefelhaltige Wasser war hellblau, leicht türkisfarben, ja… fast milchig weiß. Die Temperatur war angenehm warm, Dampf sowie der Geruch von Schwefel lag in der Luft. Abseits der frequentierten Becken lagern sich Strukturen wie ein weiches Fell über den Boden des Bachbettes.

Die Kuranlage mit den Schlafhäusern war belebt. Vereinzelt wurde auf dem Parkplatz frisches Obst aus Kofferräumen verkauft. Zwischen den Häusern spielten Kinder mit einem Ball und junge Frauen schoben Kinderwägen den Gehweg entlang. In den Häusern waren Flüchtlingsfamilien aus dem nahen Osten untergebracht. Das Gelände war offen weitläufig, ein ruhiger schöner Ort für Familien mit Kindern. Mädchen und Frauen mit langen Klamotten hockten am Rande der angelegten Becken und steckten ihre Hände hinein. Sie spritzen sich gegenseitig vorsichtig nass. Die Jungen und Männer hingegen tollten im Wasser und erfreuten sich am Badespaß bei warmen Temperaturen. Für die Bewohner der Kuranlage waren wir und die vereinzelten Griechen im Bikini und Badehose ein sichtlich ungewohntes Bild. Es wurde zur Herausforderung, sich unbemerkt auf dem Gelände zu bewegen.

Am Abend besuchten wir in den benachbarten Ort, um etwas essen. Auf der anderen Straßenseite entdeckten wir ein Wohnmobil. Eine Frau und ein Mann saßen davor mit Tisch und Stuhl zwischen Strommasten unter den zugehörigen Leitungen. Auf dem Weg besuchten wir die Reste der Phocian Wall, wovon nur noch ein kleiner Hügel übrig war, das Denkmal der 300 und von Leonidas. Hier hatte sich also die berühmte Schlacht zwischen den 300 Spartanern und den Persern zugetragen.

Am zentralen Platz des Dorfes bekamen wir im einzigen Restaurant Diamantoúla die Reste kurz vor Ladenschließung. Als wir zurück kamen hatten zwei Familien ihr Lager auf dem Platz Campingplatz aufgeschlagen. Am nächsten Tag war ein griechischer National-Feiertag und alle hatten frei. Als es dunkel wurde zogen auch wir uns in unser Zelt zurück. Die Geräusche der belebten Kuranlage waren in der Entfernung zu hören und die Lichter brannten länger, als wir wach waren.

…“

Isabelle Kirsch, 27.10.2019

Bilder:  Isabelle Kirsch, 2023